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Telemedizin – ein neues Angebot für österreichische Justizanstalten

Auf Grund der schwierigen Situation am medizinischen Arbeitsmarkt ist es vielen Justizanstalten nicht mehr möglich, ausreichend Ärzt_innen zu beschäftigen, um die tägliche medizinische Versorgung der Insass_innen abzudecken. Das führt dazu, dass bei Bedarf Insass_innen von der Justizwache in umliegende Krankenhäuser ausgeführt werden müssen. Diese Ausführungen bedeuten einen großen organisatorischen und auch finanziellen Aufwand, sie benötigen viele personelle Ressourcen und es besteht dabei auch die Gefahr von Flucht.

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Sebastian Grubinger, Leiter Dialog Mobil (DIM)

Um die Anzahl von Ausführungen zu reduzieren und gleichzeitig eine professionelle, qualitativ hochwertige allgemeinmedizinische Begutachtung und Behandlung sicherzustellen, wurde beschlossen, ein telemedizinisches Angebot für alle österreichischen Justizanstalten zur Verfügung zu stellen. In enger Kooperation mit dem Bundesministerium für Justiz und der SAVD, die langjährige Erfahrung im Bereich der Videotelefonie und Vermittlung von Dienstleistungen im Bereich Telehealth, insbesondere im Bereich der öffentlichen Verwaltung besitzt, setzt der Dialog seit Juli 2022 Allgemeinmediziner_innen zum Zwecke der Erbringung von fachspezifischen Dienstleistungen der telemedizinischen Versorgung ein.

Besonders zu Beginn des neuen Angebots standen wir immer wieder vor schier unlösbar scheinenden Herausforderungen. Teils war es die Technik: Firewalls, Blacklists von IP-Adressen, nicht kompatible Hardware, teils waren es wir: vergessene Passwörter, abgelehnte Anrufe, Missverständnisse beim Dienstplan.

Vor dem täglichen Start war die Aufregung groß und gelegentlich lagen die Nerven blank. Die hervorragende Zusammenarbeit aller Beteiligten machte es jedoch beinahe immer möglich, alles rasch wieder zum Laufen zu bringen, und mittlerweile sehen wir den routiniert ablaufenden Diensten entspannt entgegen.

Mit Stand 1. März 2023 befanden sich 8.232 Personen in einer von 28 österreichischen Justizanstalten (+12 Außenstellen) in Haft. (Quelle: www.justiz.gv.at)

Anna Baltzer, Ärztin für Allgemeinmedizin im Projekt Telemedizin, schätzt das neue Angebot sehr: „Insass_innen von Justizanstalten wird durch die Etablierung eines bundesweiten, medizinischen online- Netzwerks die Möglichkeit geboten, rasch ein Anliegen direkt an einen Arzt zu richten.“ Die bisher häufigsten medizinischen Anliegen waren grippale Infekte, Fragen zur bestehenden Medikation, Befundbesprechung, Erkrankungen des Bewegungsapparats und Blutdruckeinstellung, berichtet sie.

 

Seit Ende Februar 2023 werden auch einmal pro Woche psychiatrische Termine via Telemedizin für die Justizanstalt Stein angeboten. Auch im Bereich fachärztlich-psychiatrischer Telemedizin gibt es international durchwegs positive Erfahrungen. Natürlich stellt uns die Behandlung von langstrafigen Insassen der JA Stein dahingehend vor besondere Herausforderungen, die wir bisher, basierend auf unserer jahrelangen Erfahrung mit schwierigen Patient_innen zur Zufriedenheit aller Beteiligten meistern konnten. Aufgrund des großen Potentials dieses auch wissenschaftlich begleiteten Angebots sehen wir voller Spannung den nächsten Monaten entgegen.

Am Anfang gab es noch etwas Zurückhaltung beim Buchen der angebotenen Onlinetermine. Davon ist aber immer weniger zu merken und die Zahl der gebuchten medizinischen Konsultationen ist am Zunehmen. Seit dem Start im Juli 2022 fanden bis Ende Februar im Rahmen von 98 Diensten 284 Termine statt. Das telemedizinische Angebot wurde bisher von 18 Justizanstalten genutzt. Die Gesprächsdauer mit den Patient_innen lag zwischen 5 und 45 Minuten.

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Mittels Videoübertragung haben Insass_innen aller österreichischen Justizanstalten die Möglichkeit,, ihre medizinischen Anliegen mit einer Ärzt_in für Allgemeinmedizin zu besprechen. Vor Ort in den Justizanstalten unterstützt medizinisch geschultes Personal während der Termine. Es bestehen die Möglichkeit zur Live-Übertragung von Vitalwerten und ein direkter Zugriff auf die Krankenakte der Patient_innen.

Dialog - individuelle Suchthilfe

Hegelgasse 8/11, 1010 Wien

+43 1 205 552

office@dialog-on.at

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